Hannover: Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil wendet sich in einem aktuellen Schreiben an die Bürgerinnen und Bürger und unterrichtet diese über die aktuelle Situation im Bundesland. Zudem zeigt er sich verständlich gegenüber den Unmut in der Bevölkerung, der auf die Unsicherheit beruht, wie und wann es weitergeht.
„Unterdurchschnittlicher Rückgang“ der Infektionszahlen
Der Minister startet mit einem Überblick über die „durchaus widersprüchlichen Entwicklungen“ bei den Infektionen. Insgesamt wird in Deutschland ein „sehr erfreulicher Rückgang“ der Inzidenzwerte verzeichnet. „Allerdings bietet sich uns in Niedersachsen ein durchaus gemischtes Bild. Es gibt inzwischen weite Teile unseres Landes, die eine durchaus geringe Belastung verzeichnen. 23 der 45 niedersächsischen Gesundheitsämter melden heute einen Inzidenzwert unter 50, 11 sogar unter 35. Auf der anderen Seite haben wir aber auch nach wie vor Hotspots mit Werten zum Teil über 100. Von 14,0 in der Stadt Emden bis 215,6 im LK Wesermarsch reicht insgesamt die Spannbreite“, so Weil. Der Landkreis Emsland verzeichnet heute eine 7-Tage-Inzidenz von 103,4. „Deswegen haben wir auch bei den Landeswerten im Vergleich zur Bundesentwicklung nur einen unterdurchschnittlichen Rückgang der Infektionszahlen. In den letzten Tagen treten wir sogar auf der Stelle, und das kann uns nicht zufrieden stellen“.
„Aus unseren Krankenhäusern gibt es dagegen derzeit gute Nachrichten“, führt der Ministerpräsident fort. Die Zahl der Intensivbehandlungen sinke und „endlich auch die der Todesfälle“.
Corona-Mutationen „bald dominant“
Man dürfe sich von sinkenden Infektionszahlen insgesamt nicht täuschen lassen. Denn: Die Corona-Mutationen grassieren, sind ansteckender und werden womöglich schon bald dominant sein, wie der Ministerpräsident erklärt. Daher sei „Vorsicht“ der weitere richtige Kurs. „Käme es jetzt zu einer neuen breiten Infektionswelle, dürften die Auswirkungen noch einmal viel größer sein, als unsere bisherigen Erfahrungen“. Das Tückische an der aktuellen Lage sei, dass die Statistiken dieses Risiko nicht zeigen.
Das Infektionsniveau müsse noch einmal deutlich gesenkt werden, um bisherigen Fortschritte „nicht zu verspielen“. Weil sagt darüber: „Das macht niemand von uns gerne, und das war für viele Betroffene in unserer Gesellschaft eine richtig schlechte Nachricht. Aber es ist nach meiner Überzeugung die absolut richtige Entscheidung: Niemand hat einen Vorteil davon, nach einer kurzen Phase von Lockerungen ruckzuck wieder eine dritte Welle der Infektion zu erleben. Ein solcher Jo-Jo-Effekt wäre das Schlechteste für uns alle – für die Gesellschaft, für die Wirtschaft und für uns in der Politik“.
Weiter appelliert er: „Das ist nicht leicht zu kommunizieren, das weiß ich wohl. Aber wir müssen allen Bürgerinnen und Bürgern klarmachen, warum wir konsequent bleiben müssen und nicht lockerlassen dürfen. Dabei bitte ich Sie alle sehr herzlich um Ihre Unterstützung – es ist derzeit der beste Weg, den wir gehen können!“, führt der Ministerpräsident weiter aus.
„Wie soll es eigentlich weitergehen?“
Umso wichtiger sei es, eine Frage zu beantworten, die sich viele Bürgerinnen und Bürger stellen: „Wie soll es eigentlich weitergehen?“
Die Landesregierung hat vor zwei Wochen vorgestellt, wie sie sich das weitere Vorgehen vorstellen könne. Ihr Vorschlag für einen Stufenplan 2.0 beruht auf einigen wenigen Grundsätzen:
– „Niemand gibt uns eine Garantie, dass es ab jetzt nur noch besser werden kann. Wir müssen vorbereitet sein für gute wie auch für schlechtere Phasen, für Lockerungen ebenso wie für Verschärfungen.“
– „Die Erfahrungen der vergangenen Monate sollten uns eines lehren: Wir müssen früher und konsequenter einsteigen, wenn die Infektionszahlen wieder steigen.“
– „Und noch etwas müssen wir im Kopf haben: Wenn sich eine dynamische Entwicklung bei den Infektionen abzeichnet, muss diese Dynamik sofort gebrochen werden.“
Stephan Weil erwarte, dass in der nächsten Bund-Länder-Runde am 3. März ein „substantieller Vorschlag“ für eine bundesweite Strategie auf dem Tisch liegt.
„Bis dahin gilt jedenfalls eine wichtige Verständigung zwischen Bund und Ländern: Wesentliche Lockerungen sollen erst möglich sein, wenn ein Inzidenzwert von 35 erreicht ist. Davon sind wir derzeit um einiges entfernt, dennoch ist diese Aussage natürlich erklärungsbedürftig. Die Begründung ergibt sich aus meinen Hinweisen auf die derzeitige Lage. Wenn wir wissen, dass wir es bei den Virusmutationen mit einem neuen Gegner und einem größeren Infektionsrisiko zu tun haben, müssen wir noch einmal vorsichtiger sein. Wir müssen früher intervenieren oder später lockern. Und wir müssen unbedingt eine Situation vermeiden, von der aus die Zahlen dann stark ansteigen und die Kontaktnachverfolgung kaum noch möglich ist.“
Weiter unterrichtete der Ministerpräsident über den aktuellen Stand der Impfungen im Land sowie über weitere Wirtschaftshilfen für Betroffene des Lockdowns.
Die ganze Ansprache finden Sie hier.
(Symbolbild)
(17.02.21)